Da dieser Blog weniger persönlich, sondern eher ein Gefäß für meine Gedanken darstellen soll, werde ich versuchen, diesen Eintrag so allgemein wie möglich zu halten.
Manchmal gibt es Tage, da will man am liebsten die Bettdecke umarmen und sein Gesicht im Kopfkissen verstecken. An diesen Tagen ist es einstweilen sogar gefährlich aufzustehen. Man ist dann so tollpatschig, dass man damit gut als Clown hätte auftreten können. Man schüttet sich heißen Kaffee über, muss sich umziehen, kann sich nicht richtig konzentrieren und will am liebsten nur wieder zurück ins warme und gemütliche Bett - der Bahnhof aller Träume.
Eine Katastrophe besucht die nächste, und man fragt sich irgendwann, was eigentlich passiert ist.
Warum kann ich heute so schlecht Englisch, wenn ich gestern noch zwei Stunden mit meiner englischen Brieffreundin / Freundin telefoniert habe?
Warum kann ich mir noch nicht mal einen Kaffee einschenken, ohne mich dabei zu verbrennen?
Warum fällt es mir so schwer, mich zu konzentrieren, wenn ich doch so viel zu tun habe?
Diese Frage stelle ich mir an solchen Tagen immer wieder, bis ich frustriert aufgebe und mir Sherlock anschaue, da ich an diesen Tagen noch nicht einmal dazu imstande bin, eine Zeile im Kopf zu behalten.
Das Gefühl vom Verschwinden. Es muss nicht zwingend einer dieser Tage sein, doch gibt es oft genug Momente, in denen ich gerne ein Loch hätte, das nur mir gehört, um mich darin einzubuddeln und um nie wieder da Tageslicht zu erblicken. Gerade auch bei sozialen Situationen, ob schriftlich oder verbal - ich stammele, erzähle absoluten Stuss und die meisten Leute, die darüber nicht hinweg sehen können, halten mich dann für ziemlich dumm. Auch wenn ich unter Druck gesetzt werde, kann ich damit sehr schlecht umgehen, und gerade, weil ich spüren kann, wann ich unerwünscht bin oder nicht gemocht werde, kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen - und dann passiert es.
Ich blamiere mich bis auf die Knochen, fühle mich nackt und hilflos und will mich manchmal einfach nur noch in meinem Zimmer verkriechen. Denn dort ist es sicher, dort kann ich mich mit mir unterhalten, ohne Angst vor anderer Leute Meinungen zu haben. Diese Meinungen sind oft scheußlich und fatal, da ich über mich keine Meinung habe. Ich wiederhole bloß das, was mir meine Bekannten sagen, wie ein Diktiergerät. Und dann ist da wieder dieses Gefühl vom Verschwinden, dieses Gefühl, die eigene Haut gegen eine andere eintauschen zu wollen. Den Charakter in einem Secondhand Laden abgeben und gegen einen bereits benutzen, aber doch kompatibleren Charakter eintauschen zu können, um schlichtweg in ein gesellschaftliches Bild zu passen.
Viele Menschen sind es bisweilen gewesen, die bereits predigten, dass ich mich ändern könne, wenn ich es nur wolle. Dass ich mich nach Belieben formen kann, weil ich mir selbst gehöre.
Das funktioniert nicht.
Das Gefühl vom Verschwinden.
Noch immer bin ich keine Einheit, noch immer ist da kein ICH, sondern tausende, die darauf warten, aus dieser grauen Haut zu brechen um sich frei zu entfalten. Sie wollen grenzenlos und einzig sein, doch ein bloßes Exemplar wird ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen können. Ich bin noch immer kein Individuum, sondern bloß ein junger Mensch, der im Dunkeln spazieren geht und im Lichten umher irrt, sich falsch fühlt, weil weder die lichte Kinderwelt, noch die dunkle Erwachsenenwelt für mich richtig ist.
Sich verändern also, soll möglich sein. Die Charaktereigenschaften wie ein verschwitztes Hemd über die Stuhllehne hängen und ein neues, nach Waschpulver duftendes anziehen, weil es sich bequemer anfühlt.
Ich weiß nicht, ob ich mit diesem Gefühl allein bin, oder ob es auch anderen Menschen so geht, aber in solchen Momenten will ich gern verschwinden.
Das Gefühl vom Verschwinden.
Meine soziale Inkompetenz muss ich so schnell wie möglich los werden, da für solche Menschen einfach kein Platz in dieser Welt ist. Und selbst wenn ich es schaffen sollte, meine introvertierte Art gegen ein buntes Kostüm ( Extrovertiertheit) einzutauschen, dann wird bloß das Resultat gewürdigt, nicht aber der Weg und die Arbeit, die es kostet, in sozialen Situationen keine schwitzigen Hände mehr zu bekommen oder an den Folgen einer Reizüberflutung zu leiden. Es interessiert sich schließlich niemand dafür, wie man wirklich ist, solange es nicht in dieses gerahmte Bild passt.
Und dann ist da wieder dieses Gefühl vom Verschwinden.
Egal, wie sehr ich es auch versuche, ihnen gerecht zu werden, so scheitere ich doch immer wieder, früher oder später.
Ich muss lernen, aus meinem Schneckenhaus heraus zu kriechen, meinen Gedankenpalast verlassen, um mich irgendwelchen Forderungen zu verschreiben, von denen ich nicht mal weiß, ob ich ihnen überhaupt entsprechen will.
In dieser Gesellschaft ist es nicht erlaubt, schüchtern, introvertiert und ängstlich zu sein. Es ist überhaupt gar nichts erlaubt, was Menschen daran hindert, zur Maschine zu werden, denn müssen wir nicht funktionieren? Müssen wir nicht extrovertiert, schlagfertig, charismatisch und freundlich sein? Müssen wir nicht alle perfekt sein, Angst haben, dass wir nicht irgendwann von Maschinen ausgetauscht werden, die unsere Arbeit erledigen, für die wir uns jahrelang den Buckel krumm gearbeitet haben?
Ich habe das Gefühl, mich aufzulösen, zu verschwinden, bis nur noch ganz wenig von mir übrig ist. Ich kann meinen Charakter nicht anpassen, und muss es dennoch versuchen bis zur Erschöpfung, schlichtweg, weil mir nichts anderes übrig bleibt.
Also werde ich kämpfen, um irgendwelchen Idealen zu entsprechen, die nicht meine sind.
Und das Gefühl vom Verschwinden ist allgegenwärtig.
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